MÜNCHNER ARBEITSKREIS ÖFFENTLICHER RUNDFUNK (MAR)

 

 

Zur Unterstützung eines öffentlichen,

gemeinwohlorientierten Rundfunks hat sich in München ein

Arbeitskreis öffentlicher Rundfunk

zusammengefunden. der sich - gemeinsam mit anderen deutschen Initiativen -

als Teil ähnlicher europa- und weltweiter Bestrebungen versteht.

Die Ziele des Arbeitskreises sind in der nachfolgenden

Münchner Erklärung

zusammengefasst.

 

 

  1. Ein Rundfunk frei von Staat und Markt ist ein wichtiger und unverzicht­barer Bestandteil unserer Demokratie. Die Einführung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Hörfunk und Fernsehen) war eine der bedeutendsten kommunikationspolitischen Innovationen der Nachkriegs­entwicklung.

  2. Die Entwicklung des kommerziellen Rundfunks hat die Medienlandschaft grundlegend verändert. Dies führt zu einer substantiellen Gefährdung des öffentlichen Rundfunks. Da über die Zukunft des öffentlichen Rundfunks fast ausschließlich unter technischen und ökonomischen Gesichtspunkten diskutiert wird, gilt es, diese Errungenschaft unserer Kultur zu verteidigen und zu erneuern.

  3. Ähnlich wie die öffentlichen Schulen und Universitäten, die staatlichen und städtischen Theater, Opernhäuser und Orchester, Bibliotheken, Museen und andere Kunsteinrichtungen, die - eine gute. alteuropäische Tradition - alle weitgehend einem rein kommerziellen Denken entzogen sind, ist gebühren-finanzierter Rundfunk ein gesellschaftliches, ein nationales Kulturinstitut. In diese kulturpolitische Arena gehört das Programm der klassischen Rundfunkanstalten. Hier entfaltet es seine spezifisch demokratischen Qualitä­ten; hier sind die Wurzeln seiner Legitimation.

  4. Dieses Verständnis von Rundfunk ist in eine gefährliche Krise geraten. Auch in den Funkhäusern selbst ist dieses Verständnis nicht mehr immer und überall präsent und wird nicht ausreichend argumentationsstark verteidigt. Deshalb bedarf dieser Rundfunk der Loyalität, Solidarität und intellektuellen Zuarbeit aus der Gesellschaft.

  5. Der öffentliche Rundfunk erscheint in der öffentlichen Darstellung seiner Aufgaben, Ziele und Probleme notorisch schwach. Seit der Beteiligung von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen an kommerziellem Radio und Fernsehen findet in vielen dieser Medien kaum mehr eine faire und offene Auseinander­setzung über den öffentlichen Rundfunk statt. Diskreditierung und gesteuerte kommunikationspolitische Gegnerschaft sind an der Tagesordnung. In dieser Situation bedarf es einer  „Mobilisierung von unten“ zugunsten des öffentlichen Rundfunks, eines auf Dauer angelegten „Rundfunkvolksbegehrens“. eines permanenten unabhängigen Forums programmatischer Debatten.

  6. Es geht um die Zukunft des öffentlichen Rundfunks, seine Finanzierung, sein Programm und damit um die Sicherung einer unentbehrlichen und unverwechselbaren Leistung für Gesellschaft, Kultur und Politik. In diesem Sinne hat auch die 4. Europäische Ministerkonferenz über Massenmedienpolitik im Dezember 1994 in Prag Stärkung und Ausbau des öffentlichen Rundfunks gefordert.

  7. Dieser Zukunftsdiskurs muss sich auch der großen Vergangenheit des öffentlichen Rundfunks bewusst sein - nicht zuletzt seiner Leistungen für den Wiederaufbau und die Stabilisierung der deutschen Demokratie in der Nach­kriegszeit. Der öffentliche Rundfunk war und ist einer der tragenden Pfeiler dieser Demokratie. Daraus resultieren auch Antworten auf die Frage, warum und wofür die demokratische Gesellschaft der Zukunft „ihren“ öffentlichen Rundfunk braucht.

  8. Eines der heutigen und künftigen politischen Schlüsselprobleme ist das der gesellschaftlichen Integration. Das Bundesverfassungsgericht hat dem öffentlichen Rundfunk vor Jahrzehnten eine integrierende Funktion für das Staatsganze zugeschrieben. Die Bedingungen dafür haben sich radikal geändert. Und doch ist kommunikative, gesellschaftliche Integration notwendiger denn je, und der Beitrag des öffentlichen Rundfunks dazu bleibt unverzichtbar.

  9. Der öffentliche Rundfunk hat einen klaren Programmauftrag. Dieser bezieht sich auf den Menschen und auf die Gesellschaft. nicht auf Profit und Ein­schaltquote. Sein Erfolg, seine Wirkung sind an anderen Kriterien und Maßstäben zu messen: Kulturelle Standards, geistige Vielfalt, journalistische Qualität, umfassende sachliche Information. Daraus besteht sein Beitrag als Medium und Faktor der freien Meinungsbildung. Dieser Auftrag gilt auch unter den Bedingungen künftiger technischer Entwicklungen.

  10. Freie Bürger brauchen einen freien Rundfunk. Frei ist ein Rundfunk. der der Gesellschaft dient und von ihr kontrolliert und finanziert wird. Ein solcher öffentlicher Rundfunk in gesellschaftlicher Verantwortung ist ein konstitutives Element der repräsentativen Demokratie in Deutschland. Die gegenwärtige rundfunkpolitische Diskussion neigt dazu, diese fundamental Erkenntnis und Erfahrung zu vernebeln, zu verdrängen und zu leugnen.

 

Der Münchner Arbeitskreis öffentlicher Rundfunk (MAR) sieht seine Aufgabe darin, in der Öffentlichkeit das Bewusstsein wach zu halten, dass der Demokratie schadet, wer den öffentlichen Rundfunk in seiner Funktion für die Gesellschaft einschränken, beschädigen oder gar auf ihn verzichten will.